Gemeinnütziger Wohnungsbau auch im Berggebiet
27.10.2022 – Die raumplanerischen Weichenstellungen der letzten Jahre und die Auswirkungen der Corona-Pandemie stellen das Berggebiet vor grosse Herausforderungen in der Bereitstellung von Wohnraum für die lokale Bevölkerung und für die Mitarbeitenden des lokalen Gewerbes. Die Ausgangslage unterscheidet sich von Talschaft zu Talschaft. Die Problemstellungen sind vielfältig und komplex; Dies erfordert gezielte lokale Antworten, eine davon kann der gemeinnützige Wohnungsbau sein.
Wer letzthin die Lokalzeitungen im Kanton Graubünden gelesen hat, konnte das Thema nicht verpassen. In der Engadiner Post sind seit Anfang Jahr zahlreiche Artikel unter dem Titel «Wohnungsnot» erschienen, in der Südostschweiz vom 19. August 2022 lautete der Titel: Davos muss raschest gegen Wohnungsmangel vorgehen. Die Politik vor Ort ist gefordert, die Weichen richtig zu stellen. Der Werkzeugkasten und die Massnahmen sollten dabei den gemeinnützigen Wohnungsbau unbedingt miteinbeziehen.
Zweitwohnungsinitiative, Revision des Raumplanungsgesetzes und Coronavirus
Die Wohnungsmärkte im Berggebiet unterscheiden sich stark von denen in den Städten und Agglomerationen. In den allermeisten Fällen besteht nicht nur eine Nachfrage von Einheimischen nach Erstwohnungen, sondern auf dem gleichen Markt tummeln sich die Zweitheimischen mit einer Nachfrage nach Zweitwohnungen. Die Zweitwohnungsinitiative hat in einer ersten Phase zu einer massiven Angebotsausweitung geführt. Nachdem das Angebot absorbiert wurde und die Initiative ihre Wirkung entfaltete, begann sich die Nachfrage auf die Bestandesobjekte zu fokussieren. Parallel wurde die Revision des Raumplanungsgesetztes 1 (RPG 1) auf den Weg gebracht und die Gemeinden sind aktuell an deren Umsetzung. Für das Berggebiet bedeutet dies die grossflächige Auszonung von Bauland. Dies lenkt auch die Nachfrage aus dem Erstwohnungsmarkt auf die Bestandesobjekte.
Die Corona-Pandemie hat diese Effekte nochmals stark verstärkt. Eine höhere Nachfrage vom Erstwohnungs- und vom Zweitwohnungsmarkt trifft auf ein durch die Zweitwohnungsinitiative und RPG 1 reduziertes Angebot. Die Folge ist der in den Zeitungen beschriebene Wohnungsmangel. Die Ausprägung der Not und des Mangels ist dabei in den verschiedenen Gemeinden sehr unterschiedlich. Dazu kommt der Umstand, dass institutionelle Immobilieninvestoren im Berggebiet kaum investieren und somit kein Wohnungsangebot kreieren. Das Wohnungsangebot hängt somit von der Investitionstätigkeit von Privatpersonen, Firmen und der öffentlichen Hand ab.
Raumplanerische Hindernisse
Eine weitere Eigenheit im Berggebiet stellen die raumplanerischen Rahmenbedingungen dar. In vielen Berggemeinden existieren vorwiegend Bauzonen für Ein- und Zweifamilienhäuser. In Bezug auf den preisgünstigen Wohnungsbau ist es jedoch erforderlich, Bauland für Mehrfamilienhäuser bereit zu stellen. Bauen im Berggebiet ist ohnehin bereits teurer als in der übrigen Schweiz. So sind u.a. die Transportkosten höher und die statischen Anforderungen in Bezug auf die Schneelasten haben einen vermehrten Einsatz von teurem Beton zur Folge. Um effizient und preisgünstig zu bauen, braucht es somit eine hohe Ausnützung und die Möglichkeit, mehrgeschossig zu bauen. Die Berggemeinden sind gefordert, ihre Raumplanung auf diese Voraussetzungen zu überprüfen und wo notwendig anzupassen.
Lokale Initiative entscheidend
Der preisgünstige Wohnungsbau ist im Berggebiet auf die lokale Initiative angewiesen. Es braucht Personen und Firmen, die sich dem Thema annehmen und vorantreiben. Gerade das lokale Gewerbe sollte wegen den fehlenden institutionellen Investoren ein vitales Interesse an der Erstellung von preisgünstigen Wohnungen haben. Die beteiligten Unternehmen können über die Wohnbaugenossenschaften fortlaufend Arbeit akquirieren und den langfristigen Erhalt der Arbeitsplätze im Unternehmen sichern. Die preisgünstigen Wohnungen sind zudem für die Personalakquise von Vorteil, was in Zeiten des Fachkräftemangels wichtiger ist denn je. Damit ein Projekt entstehen kann, muss ein passender Standort und ein passendes Grundstück zur Verfügung stehen. Wenn diese Basis gegeben ist, dann findet sich in aller Regel auch eine Lösung für die Finanzierung und die Trägerschaft. WOHNEN SCHWEIZ unterstützt und begleitet in der Anfangsphase auf Wunsch die treibenden Kräfte bei der konzeptionellen Gestaltung. Dabei dreht es sich um Fragen, wie die Trägerschaft zusammengesetzt sein soll, wie ein gemeinnütziges Baurecht ausgestaltet wird, wie die genannte Gemeinnützigkeit und der Zugang zu den Förderinstrumenten erlangt wird.
Im Betrieb steht WOHNEN SCHWEIZ im Bereich der Beratung, Anschlussfinanzierungen, der Weiterbildung und des Austausches in Form von Veranstaltungen sowie der Werterhaltung von Immobilien zur Seite.